Letztes Jahr im Dezember durfte ich im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks ein High-Fantasy-Werk lesen, dass mich absolut begeistern konnte. Die gegensätzliche Welt hat mich gefangen genommen und so schnell nicht wieder losgelassen. Wir wurden von Wendungen überrascht, haben viel vermutet und am Ende doch immer wieder überrumpelt. Die Autorin Natalie Speer hat die Leserunde von „Frostseelen“ begleitet und so erfragte ich auch hier nach einem Interview.
„Frostseelen“ ist ein großartiges Werk, wie ihr in meiner Rezension nachlesen könnt. Ich kann eine klare Leseempfehlung für Fans von Fantasy aussprechen und wenn euch das nicht reicht, mache ich euch vielleicht mit dem Interview neugierig. ;)
Anna: Bitte stelle dich meinen Lesern kurz vor.
Natalie: Ich wurde Weihnachten 1981 im verschneiten Alpenvorland geboren. Heute lebe und lache ich mit meiner Familie in der schönen Stadt Nürnberg. Ich arbeite als Wissenschaftsjournalistin in einem Forschungsinstitut. In jeder freien Minute, die mir neben dieser Arbeit bleibt, schreibe ich und erfinde Geschichten, am liebsten Fantasy.
Anna: Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Natalie: Ehrlich gesagt schreibe ich, seit ich es gelernt habe. Aus meiner Grundschulzeit habe ich noch handgeschriebene Geschichten über Schmetterlingskinder, die gegen einen bösen Zauberer kämpften, über einen verhexten Geburtstag und einen Hund, der sprechen kann. Fantasy war also damals schon das Genre meiner Wahl. ;-)
Und es hörte nicht auf. Ich war als Jugendliche eine Leseratte, besonders Stephen King und Wolfgang Hohlbein faszinierten mich und prägten auch meine damaligen Schreibversuche. Leider ist ein großer Teil davon bei diversen Umzügen verschwunden.
Im Studium veröffentlichte ich unter Pseudonym mehrere Heftromane. In dieser Zeit habe ich viel über das Handwerk des Schreibens gelernt. 2012 erschien dann mit Mondherz, einem historischen Werwolfroman, mein Debüt bei einem großen Publikumsverlag, gefolgt von der Fortsetzung Zwillingsmond.
Frostseelen war mein erster High Fantasy-Roman. Doch er soll nicht der Einzige bleiben. Tausend weitere Geschichten stecken in meinem Kopf und wollen heraus.
Anna: Wie wichtig sind dir Rezensionen? Liest du sie? Wie gehst du mit Kritik um?
Natalie: Rezensionen sind mir sehr wichtig, und ich lese sie alle (sofern ich sie finde). Ich bin immer wissbegierig, zu erfahren, wie die Leser meine Geschichten erleben und welche Gefühle meine Figuren in ihnen auslösen, ob sie begeistert sind oder gelangweilt. Schreiben ist oft so eine einsame Arbeit, da kommt mir dieser Austausch fast überlebenswichtig vor. Gleichzeitig sind meine Bücher ein Teil von mir, ein bisschen wie meine Babies: Gepflegt, umsorgt und großgezogen, bevor ich sie mit einer Mischung aus Aufregung, Stolz und Sorge in die große, weite Welt ziehen lasse. Kritik beschäftigt mich deshalb immer ausführlicher als Lob. Wenn sie hart ist, tut sie manchmal auch weh, doch ich setze mich damit auseinander, will von ihr lernen und sie als Ansporn nehmen, weiter an mir und meinen Geschichten zu feilen.
Anna: Erzähle aus deinem Alltag als Autorin – wie läuft ein Tag ab?
Natalie: Meine zwei wöchentlichen Schreibtage beginnen meist damit, dass ich mich erst einmal erfolgreich um meinen Text herumdrücke: E-Mails beantworte, recherchiere, telefoniere und im Netz surfe, bis ich mich zur Ordnung rufe und auf mein aktuelles Projekt konzentriere. Dann überarbeite ich zuerst das, was ich als letztes geschrieben habe, und schreibe anschließend weiter, meistens so fünf bis sieben Seiten. Am Schluss plotte ich für den nächsten Tag noch ein bisschen, und dann ist es schon wieder Zeit, meine Tochter aus der Kita abzuholen. Je mehr es auf eine Deadline zugeht, desto größer wird mein Pensum, dann arbeite ich auch am Wochenende. Und am produktivsten schreibe ich unter Zeitdruck. ;-)
Anna: Was gefällt dir besonders am Schreiben?
Natalie: Das Abtauchen in fremde Welten und Gedanken. Das Gefühl, wenn eine Geschichte sich plötzlich selbstständig macht und zu etwas Lebendigem wird, größer und verrückter, als dass mein Verstand sie noch richtig fassen könnte. Dann schreibe ich wie in einem Rausch und vergesse alles andere um mich herum.
Anna: Wo sammelst du die Ideen für deine Bücher? Haben persönliche Erlebnisse Einfluss auf deine Bücher? Was hat dich zu dem Buch inspiriert?
Natalie: Inspirationen fliegen mich aus allen möglichen Richtungen an, am häufigsten dann, wenn ich sie eigentlich gerade gar nicht brauchen kann. Das können Textschnipsel aus den Medien sein, Gespräche mit Freunden oder Arbeitskollegen, manchmal auch Träume. Bei Frostseelen war es ein Tagtraum, den ich an einem heißen Sommertag hatte – von einer eisigen, wüsten Welt und einem Mann, der auf einem Wolf reitet.
Anna: Gibt es einen Lieblingscharakter von dir in dem Buch und wieso er?
Natalie: Olaf, der rätselhafte Vagabund mit seinem frechen Charme, den keiner so recht einzuschätzen weiß. Er fasziniert mich, weil er die anderen so mühelos betört und sich scheinbar durch niemanden und nichts gebunden fühlt. Während alle glauben, dass er ein Freigeist und Herumtreiber ist, verfolgt er in Wirklichkeit jedoch unbeirrbar seine Ziele. Wie eine Zwiebel hat er viele Schichten, die sich erst im Lauf der Geschichte allmählich abschälen, bis sein eigentlicher Charakter zum Vorschein kommt.
Anna: Ist „Frostseelen“ der Auftakt zu einer Reihe?
Natalie: Ich sehe die Geschichte um Thea und Anders als abgeschlossen an. Doch die Fantasy-Welt von Athosia und den Nordlanden bietet so viel Potenzial für weitere Geschichten, dass mein nächstes Buch ebenfalls in dieser Welt spielen wird, allerdings mit anderen Hauptfiguren und einen ganz eigenen Abenteuer.
Anna: Welche Welt findest du besser, die der Südländer oder der Nordländer?
Natalie: Die Nordlande. Sie war zuerst da, in meinem Tagtraum und dann im meinem Notizbuch, und deshalb ist sie meinem Herzen näher. Sie ist eine schroffe Gebirgswelt, bestimmt von kurzen, dämmrigen Tagen und einem Winter, der mehr als die Hälfte des Jahres verschlingt. Ein Landstrich, in dem die Natur so feindlich ist, dass ein falscher Schritt tödlich sein kann. Deshalb sind die Nordländer ein ganz eigener Menschenschlag, geprägt von der Einsamkeit ihrer Umgebung, aber auch von einem großen Zusammenhalt und dem unerschütterlichen Glauben an die Macht der Magie.
Anna: Wie fühlst du dich, wenn du einen geschaffenen Charakter wieder verlierst?
Natalie: Wenn er mir ans Herz gewachsen ist, kann es mir schon schwerfallen, ihn sterben zu lassen. Schlimmer als ihren Tod zu beschreiben, der ja meist einen Sinn in der Geschichte hat, finde ich es allerdings, meine Figuren loszulassen, sobald ich das Wort ENDE geschrieben habe. Für mich leben sie weiter, doch ich kann sie ab jetzt nicht mehr begleiten. Das ist auch der Grund, warum ich nicht gleich ein neues Buch anfangen kann, sondern mich erst einmal ein paar Wochen leer geschrieben fühle und Abschied nehmen muss, bevor ich mich den nächsten Figuren mit ihren Geschichten nähere.
Anna: Woher bekommst du die Ideen für die Namen deiner Charaktere und Orte (Insbesondere „Anders“ ist ja schon ein außergewöhnlicher Name)?
Natalie: Das ist ganz unterschiedlich. Manche Namen fallen mir spontan ein, andere überlege ich mir gezielt. Sie müssen in sich stimmig sein und auch zur Kultur und Sprache ihrer Welt passen. So haben die Personen, die aus Athosia stammen, griechisch und italienisch inspirierte Namen, die Namen der Nordländer sind dagegen ans Skandinavische angelehnt. Anders ist zum Beispiel ein schwedischer Name. Als ich ihn fand, wusste ich sofort: So und nicht anders muss mein Eismagier heißen, der ja zu Beginn wirklich sehr fremd und „anders“ auf meine Hauptfigur Thea wirkt. Gerade seine Andersartigkeit ist es dann auch, die Thea im Laufe der Geschichte dazu bringt, sich ebenfalls zu verändern.
Anna: Es ist erfrischend, dass in deinem Buch eine Liebesgeschichte nicht im Vordergrund steht – was das von Anfang so geplant oder hat sich das während des Schreibens ergeben?
Natalie: Eigentlich dachte ich, dass die Liebesgeschichte, die sich in einer Nebenhandlung abspielt, eine größere Rolle spielen würde. Doch die beiden Hauptcharaktere haben mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. Zum einen, weil sie sich selbstständig gemacht und anders entwickelt haben, als ich dachte. Zum anderen, weil es mir einfach immer weniger glaubwürdig schien, dass die beiden inmitten der Kriegswirren, den Rätseln ihrer Herkunft und in steter Lebensgefahr ihr Augenmerk auch noch die ganze Zeit auf Herzensangelegenheiten richten könnten. Doch ein bisschen Zeit dafür ist geblieben, keine Sorge.
Anna: Nenne 5 Adjektive, die dein Buch beschreiben würden.
Natalie: frostig, spannend, tödlich, geheimnisvoll, charakterstark
Anna: Wem würdest du dein Buch empfehlen?
Natalie: Personen, die gerne Fantasy lesen, und die eine frostige Winterwelt, düstere Rätsel und unvorhersehbare Wendungen mögen.
Anna: Gibt es schon Pläne zu einem nächsten Buch auf das wir uns freuen dürfen? Kannst du schon etwas darüber verraten?
Natalie: Ich habe ja schon verraten, dass das neue Buch in der gleichen Welt wie Frostseelen spielen wird, aber eine eigene Geschichte erzählt. Soviel kann ich noch sagen:
Eis und Tod brachten die Frostseelen – denn sie standen unter dem Schatten von Njard, dem Wintergott und Verzehrer. Doch nun kommt der Frühling. Er verspricht Leben. Er verführt uns zur Liebe und birgt zugleich die Hoffnung von Freiheit. Doch Vorsicht ist geboten. Denn Svarog, der Gott des Frühlings ist ein Spieler – und sein liebster Zeitvertreib ist die Täuschung …
Das Buch und meine Rezension: