Schön gesagt – Meine Eselsohren aus Eine Geschichte der Zitrone von Jo Cotterill
„Wörter sind ein bisschen wie Essen, findest du nicht?“, fragt sie, ohne von den bedruckten Karten aufzusehen. „Jedes schmeckt anders und fühlt sich im Mund anders an. Ich meine, obwohl „graduell“ und „sukzessive“ etwas Ähnliches bedeuten, fühlen sie sich ganz anders an. „Graduell“ ist schön geschmeidig, fast schmelzend. Bei der letzen Silbe fällt es einem fast aus dem Mund. Und „sukzessive“ hat so was Militärisch-Abgehacktes. Suk-Zes-si-ve. Es knirscht und zischt zwischen den Zähnen.(Seite 22)
Jemand anders fängt mich auf. Diesmal, nur dieses eine Mal, muss ich mich nicht selbst auffangen. Ich muss nicht selbst innerlich stark sein, weil jemand anders für mich stark ist. Was für eine Erleichterung. (Seite 89)
Ich wünschte, man könnte Gefühle in Flaschen füllen, damit man sich später daraus bedienen kann, wenn man sie braucht, (Seite 115)
„Aber sollte ist nicht dasselbe wie ist„, sage ich kopfschüttelnd. „Die Dinge werden nicht anders, nur weil man es so will.“ Ich denke laut. „Andererseits sterben viele Leute nicht an Krebs, also ist das auch normal. Aber… wie können zwei Sachen, die genau das Gegenteil voneinander sind, beide normal sein?“
Mae kaut nachdenklich auf ihrer Lipp. „Fragt sich, woher überhaupt irgendwer wissen kann, was normal ist.“
„Und wenn niemand es sicher weiß…“ sage ich, „wenn jeder einfach für sich bestimmt, was normal ist, dann…“
„Dann ist es ganz beliebig und alles ist normal“, folgert Mae. (Seite 168)
Wenn mann die Traurigkeit zu lange in sich einsperrt, dann ist das vielleicht, wie wenn sich Druck aufbaut. Wie bei einem Tank, in den man immer mehr reinfüllt. Irgendwann platzt er und man viel mehr Traurigkeit als normal, weil alles in einem drin eingeschlossen war. (Seite 171)
Dabei ist das ganz verkehrt. Menschen brauchen Menschen. Man kann sich nicht die ganze Zeit abkapseln, nur damit man nicht verletzt wird. Verletzt wird man trotzdem und dann ist man verletzt und allein. (Seite 214)
Und jetzt verstehe ich, wo ich meine innere Stärke finde. Sie muss dir von einem anderen Menschen geschenkt werden. (Seite 214)
Seine Hände zucken, als würde er unsichtbare Instrumente dirigieren, und auf seinem Gesicht liegt ein sonderbarer Ausdruck: irgendwie glücklich und tieftraurig zugleich. Wie ein Schmerz, der fast schön ist. (Seite 229)
Eine Reise besteht aus lauter kleinen Schritten, oder? Und manchmal muss man sich hinsetzen oder ein Stück zurückgehen, weil das, was vor einem liegt, zu beängstigend ist oder man zuerst etwas anderes zu erledigen hat. Aber ohne kleine Schritte wird es niemals zu einer Reise. (Seite 236)
„Calypso“, sagt mein Vater, „sei nicht unhöflich. Bedanke dich.“
„Nicht doch“, sagt Maes Mutter und legt Dad eine Hand auf die Schulter. „Sie bedankt sich mit den Augen – sehen Sie nur.“ (Seite 247)
Wirklich schöne Zitate :D Macht mich neugierig auf das Buch.
Hallo Maggy,
danke dir! Es freut mich, dass ich damit deine Neugier wecken konnte. :)